Betrachtung zum Sonntag Sexagesimae, 7. Februar 2021
Wochenspruch:
Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht. (Hebräer 3,15)
Wochenlieder:
Herr, für dein Wort sei hoch gepreist (EG 196)
Gott hat das erste Wort (EG 199)
Evangelium (Lukas 8,4-8):
Als nun eine große Menge beieinander war und sie aus den Städten zu Jesus eilten, redete er in einem Gleichnis: Es ging ein Sämann aus, zu säen seinen Samen. Und indem er säte, fiel einiges auf den Weg und wurde zertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen's auf. Und einiges fiel auf den Fels; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. Und einiges fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten's. Und einiges fiel auf gutes Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht. Als er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre!
Die Mühen der Ebene,
liebe Gemeindeglieder, folgen den Gipfelerlebnissen, um die es in der letzten Betrachtung ging, auf dem Fuße. Nimmt man das Gleichnis vom vierfachen Acker wirtschaftlich-statistisch, so haben die Investitionen der Sämannes einen Wirkungsgrad von schlappen 25%; der hundertfache Ertrag des letzten Viertels muss die anderen Geschäftsbereiche durch Querfinanzierung erhalten - ein Erfolgsmodell sieht anders aus! So könnte ein heutiger Wirtschaftsberater die Dinge hier ansehen und würde wahrscheinlich Vorschläge machen, wie man die unwirtschaftlichen drei Viertel in Schwung bringt - oder stillegt, vielleicht gar abstößt. Flächenstillegungen gibt es ja in unserer heutigen Landwirtschaft – ökonomisch vernünftig, aber einem richtigen Bauern blutet dabei das Herz.
Aber darin bringt Jesus mit seinem landwirtschaftlichen Gleichnis eine prägende Lebenserfahrung zielsicher auf den Punkt: Wie viel reden und denken wir von dem, was wir morgen, übermorgen, im Sommer tun wollen - Weihnachten tun wollten. Ja, und dann wucherten die Coronadornen auf, und es war nichts mit unseren Plänen. Die Pläne für den gemeinsamen Ruhestand können durch einen plötzlichen Tod zertreten werden, die neue Geschäftsidee erwies sich als Strohfeuer, und so weiter und so fort. Je länger einer lebt, umso länger wird auch seine Liste von Fehlschlägen werden. So ist das, und wir wissen das, desto nachdrücklicher, je länger wir leben.
Jesus wusste das auch – deswegen erzählt er uns dieses Gleichnis! Betontermaßen nicht als Optimierungsgeschichte, sondern als Ermutigungsgeschichte! Gegen unsere Neigung, unser Leben gewissermaßen ökonomisch nach Soll und Haben anzusehen, lenkt er den Blick weg von den unersprießlichen Flächen und macht den hundertfachen Ertrag dessen stark, was aufging. Daran sollen wir uns halten, uns nicht von dem festhalten lassen, was nichts wurde.
So weit, so schön. Wäre es aber nur dieses, dann könnten wir dieses Gleichnis in die zahlreiche Lebensberatungsliteratur zum Thema „Positives Denken“ einordnen. Dann wäre es nur eine der zahlreichen Anforderungen mehr, an denen wir am Ende auch scheitern könnten. Was hilfts, an das Schöne im Leben zu denken, wenn der Tod gerade alle schönen Aussichten zunichte gemacht hat und unser Herz blutet? Don’t worry, be happy – das funktioniert doch nicht, schon gar nicht als Appell.
Entscheidend ist bei dieser Geschichte nicht nur, was sie erzählt, sondern viel mehr noch, wer sie erzählt: Der Sohn Gottes, der vom Himmel auf unsere steinigen und dornigen Äcker und unsere ausgetretenen Wege gekommen ist – und dessen Lebensweg, nüchtern-statistisch betrachtet, nun auch nicht eben eine Erfolgsstory war.
Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht.
Es ist die Stimme Jesu, die sagt: Ich bin bei euch, in allen Mühen mit Dornen und Steinen, ja auch im Tod und durch den Tod hindurch. In dieser Geborgenheit in Gott liegt ein hundertfältiger Ertrag, der uns durch diese Mühen hilft. Das wird uns von Jesus zugesprochen, gegen alle statistischen und sonstigen Wahrscheinlichkeiten, die uns so oft das Ohr, den Kopf und das Herz verstopfen. Was wir morgen, übermorgen oder im Sommer machen – es liegt in Gottes Hand, und das ist gut so.
Wer Ohren hat zu hören, der höre -
dazu ermuntert uns Jesus, in der Gewissheit, dass solches Hören, das den Weg vom Ohr ins Herz freimacht, von Gott geschenkt wird. Ein freies Herz - das ist die Verheißung in allen dürren und trüben Zeiten!
Gott steht am Anbeginn,
und er wird alles enden.
In seinen starken Händen
liegt Ursprung, Ziel und Sinn.
(EG 199,5)
Seien Sie herzlich gegrüßt!
Ihr Pastor Dr. Hans-Günther Waubke